100 Milliarden Euro!

 

Die Bundeswehr als strategischer Kunde

 

Bundeskanzler Olaf Scholz verkündete, als Reaktion auf den Ukraine-Krieg und die jahrzehntelange Unterfinanzierung der Bundeswehr, am 27. Februar 2022 im Deutschen Bundestag massive Investitionen zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit. Eine Zeitenwende, auf vielerlei Ebenen.   

Der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz Ende Februar folgten Mitte April zwei Gesetzesentwürfe zum Sondervermögen. Zum einen geht es dabei um die Änderung des Grundgesetzes. Artikel 87a soll einen neuen Absatz erhalten, der den Bund zur Errichtung eines Sondervermögens (…) zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit und Ertüchtigung der Streitkräfte ermächtigt. Im zweiten Entwurf geht es, zum anderen, um ein Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens Bundeswehr.

Das Sondervermögen soll, ergänzend zum regulären Haushalt der Bundeswehr von ca. 50 Mrd. € p.a., dazu dienen, in den nächsten Jahren das verfügbare Beschaffungsvolumen signifikant zu erhöhen und das NATO 2%-Ziel (gem. am BIP) zu erreichen.

Wofür sind die 100 Milliarden Euro konkret gedacht?

Im Wesentlichen wird das Sondervermögen dazu gebraucht, bisher nicht finanzierte, überjährige Projekte realisieren zu können. Beispiele sind diverse Landfahrzeuge, mobile Sanitätseinrichtungen, Luftfahrzeuge wie die F-35 und der Schwere Transporthubschrauber, Schiffe und IT-Systeme sowie persönliche Bekleidung und Schutzausrüstung. Hier soll vornehmlich auf Rahmenverträge und eingeführte Produkte zurückgegriffen werden. Gleichzeitig bedeutet die Finanzierung der Großprojekte aber auch freiwerdende Mittel aus dem regulären Haushalt.

Betrachtet man den Bundeswehrhaushalt von ca. 50 Mrd. € p.a. beinhaltet dieser in ca. 18. Mrd. € für Beschaffungen (Investition). Die restliche Summe entfällt auf Betriebskosten, wie z.B. Miete, Gehälter etc.

Rund 40 Prozent des Rüstungsumfangs im Jahr 2021, wurden für Produkte (Waffensysteme, Ausrüstung) und Dienstleistungen verwendet. Ebenso groß ist der Anteil bei den Themen Logistik, Instandhaltung und Ersatzteile. Die ca. 18 Mrd. Beschaffungsvolumen beinhalten außerdem auch Investitionen in IT-Dienstleistungen, Infrastruktur und Forschung.

Neben klassischen „Rüstungsgütern“ werden hierbei auch viele Artikel des alltäglichen Gebrauchs benötigt. Um greifbar zu machen, mit welchen „zivilen“ Produkten und Dienstleistungen Unternehmen mit der Bundeswehr ins Geschäft kommen können, hier ein paar Beispiele: Möbel, Transportbehälter, Verbrauchsmaterialien, Bauleistungen, Reinigungsleistungen, Metallbau, Kfz-Ersatzteile, Videokameras, Sanitärausstattungen, Entsorgungsleistungen, Belüftungsanlagen, Fortbildungen und Sprachausbildungen, Gartenpflege, Transporte, Entsorgung, Mähfahrzeuge, Gabelstapler, Löschfahrzeuge, Hebebühnen, Software(Tools).

Will man mit der Bundeswehr ins Geschäft kommen, sollte man diesen Kunden strategisch entwickeln. Bei aller Dynamik in der aktuellen Lage ist die Bundeswehr kein Kunde für „den schnellen Euro“. Militärische Projekte sind komplex und benötigen einen längeren Zeitraum in der Bearbeitung. Man muss die Beschaffungsprozesse sowie das europäische Vergaberecht und preisrechtliche Implikationen verstehen und die entsprechenden Ausschreibungen finden bzw. bei beschränktem Wettbewerb dafür Sorge tragen, dass das Produktportfolio dem Kunden Bundeswehr überhaupt bekannt ist. Wenn man die Bundeswehr aber als Kunden für sich gewinnen kann, dann hat man meist einen nicht nur verlässlichen, sondern auch langfristigen und finanzstarken Kunden gewonnen.

Neben der Entwicklung des wehrtechnischen Geschäftes als direkter Auftragnehmer der Bundeswehr, bietet die Erhöhung des Beschaffungsvolumens, Mittels des Sondervermögens, zudem eine Gelegenheit, sich als Zulieferer der Rüstungsindustrie zu positionieren, da diese auch unter dem Gesichtspunkt gestörter Lieferketten und erhöhter Nachfrage auf zuverlässige Partner angewiesen ist.

Autor: Dennis Rechenberger, Senior Advisor, WIMCOM GmbH

 

Auskünfte zu Beschaffungen der Bundeswehr und wie Sie sich um Aufträge bemühen können erteilt auch die Auftragsberatungsstelle Mecklenburg-Vorpommern e.V. Geschäftsführer Herr Lars Wiedemann (wiedemann@abst-mv.de)

Weitergehende Informationen: BAAINBW Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, Koblenz

https://www.bundeswehr.de/de/organisation/ausruestung-baainbw/organisation/baainbw

 

 

Das Zwei-Prozent-Ziel

 

Das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel der NATO sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten zwei Prozent Ihres Bruttoinlandsproduktes in das eigene Militär investieren. Deutschland hatte zuletzt stets unter diesem Ziel in die Bundeswehr investiert. Das ändert sich nun mit dem Sondervermögen, mit dem schnell das 2% Ziel erreicht werden soll. Die Fakten:

 

  • Bruttoinlandsprodukt 2021:          3,56 Billionen Euro
  • Wehretat 2021:                                    46,93 Milliarden Euro
  • Zwei-Prozent-Ziel 2021:                71,20 Milliarden Euro (abgeleitet)
     
  • Wehretat 2022:                                       50,3 Milliarden Euro
  • zzgl. Sondervermögen:                       100 Milliarden Euro zum Erreichen des 2% Zieles
                                                                                 (ca. 70 Milliarden/Jahr) in den kommenden Jahren

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