Rügen über den Nachrichtendienst WhatsApp

 

Rügen über den Nachrichtendienst WhatsApp

Wie hoch sind die formalen Anforderungen an eine Rüge und können begründete Zweifel auch über einen Nachrichtendienst bekannt gegeben werden? Mit dieser Frage hat sich die Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern bereits im Jahr 2022 auseinandergesetzt. 

 

Sachverhalt:

In einem Offenen Verfahren wurden Leistungen EU-weit ausgeschrieben. Die Bekanntmachung enthielt den Eintrag „Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen“. Nach Bekanntmachung des Ergebnisses des Öffnungstermins schrieb der Geschäftsführer der Antragstellerin (ASt) dem Projektleiter des Antragsgegners (AG) über WhatsApp eine Nachricht: „Hallo …., das Ergebnis kennst Du ja bestimmt schon. Vllt. könnt ihr mal gucken, ob die geforderte AK 2 wirklich vorliegt.

Drei Wochen später erhielt die ASt die Nachricht, dass die Zuschlagserteilung an einen anderen Bieter beabsichtigt sei. Mit dem Nachprüfungsantrag äußert die ASt Zweifel an der Geeignetheit des anderen Bieters. Die AG trägt vor, dass die mittels WhatsApp gesendete Nachricht keine formal gültige Rüge sei. Somit sei auch der Nachprüfungsantrag unzulässig. Des Weiteren trägt die AG vor, die Rüge sei mit Hinweis auf die Bieterplattform zurückgewiesen worden. 

 

Beschluss:

Der Nachprüfungsantrag war zulässig, hatte in der Sache aber keinen Erfolg.

Mit dem Versand der Nachricht über den Nachrichtendienst hat die ASt ihre Rügeobliegenheit erfüllt. Hohe Anforderungen sind an die Rüge eines Bieters nicht zu stellen. Es ist zulässig, eine Rüge als Frage zu formulieren, solange deutlich wird, dass in einem bestimmten Sachverhalt ein Vergaberechtsverstoß gesehen und Abhilfe erwartet wird. 

Die Nachricht des Geschäftsführers der ASt hatte zum Inhalt, dass Zweifel bestehen, ein konkurrierender Bieter könne bessere Preise anbieten, wenn er in qualitativer Hinsicht die gleichen Standards bei der Auftragserledigung aufweist wie die ASt. Die konkrete Nachfrage zu einem Gütezeichen RAL AK 2 ist als Rüge zu verstehen. Das Informationsschreiben nach § 134 GWB war daraufhin als Weigerung anzusehen, der Rüge abzuhelfen. 
Daran ändert auch die Pflicht zur elektronischen Vergabe nichts. Die Vorschriften der Richtlinie 2014/24/EU, die die Kommunikation zwischen Bietern und Vergabestellen betreffen, beziehen sich nur auf das "Vergabeverfahren".
Die Rüge ist nach Auffassung der Vergabekammer Mecklenburg-Vorpommern Teil des Rechtsmittelverfahrens und gerade nicht dem Vergabeverfahren zuzurechnen. Für den Zugang der Rüge, die als eine rechtsgeschäftliche Handlung angesehen wird, gilt deshalb § 130 BGB. Auch die Übermittlung an den Projektleiter der AG wurde als ausreichend erachtet. Dieser war mit der Durchführung der Ausschreibung betraut und somit objektiv als Ansprechpartner anzusehen.

 

Praxistipp:

Es wird deutlich, dass sich die Kommunikation auch im geschäftlichen Bereich verändert. Jedoch ist für die Erhebung von Einwendungen schon mit Blick auf Transparenz und Dokumentation ein formaler Weg zu empfehlen. Dabei kann auf die Bieterkommunikation der Vergabeplattform, eine einfache E-Mail mit Betreff oder einen Telefonanruf in der Vergabestelle gesetzt werden. Ob eine Nachricht über einen für den privaten Austausch entwickelten Instant-Messaging-Dienst in jedem Fall als Rüge erkannt wird und somit auch eine rechtsgeschäftliche Handlung darstellt, ist höchst fraglich. 

VK Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 19.05.2022, Az.: 3 VK 3/22

Ansprechpartner:
Lars Wiedemann, wiedemann@abst-mv.de, 0385 61738110

 

 

*Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf

Anrede
Ich erkläre meine Einwilligung zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung meiner personenbezogenen Daten gemäß der Datenschutzerklärung. *

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.